Selten genug hat uns, dem IID (Institut für Intimforschung und Dumfragerei) ein ehemaliger Funktionär der Industriegewerkschaft Krawall ein Ausbildungsskriptum zukommen lassen, welches den BND (Bund Neutraler Denker) nicht nur als Arbeitgeber doch recht nachdenklich stimmt, ja gerade heraus bestürzt drein blicken lässt. Hier wird in einem fiktiven Dialog zwischen Genosse und Arbeitgeber bzw. dessen Exekutivorgan, dem Chef die tägliche Ausbeutung dargestellt und kommentiert. Andreas Knutsen leitete das Seminar mit Betriebsratsmitgliedern aus mehreren alten Bundesländern.

IG Krawall

Andreas Knutsen: Genossen, haltet Euch immer vor Augen, wie Euer Chef in Unterhosen aussieht. Ok, die sind dann nicht Schiesserausschussware vom Wochenmarktwühltisch, sondern Armani 'einzeln verpackt', aber ist doch kein Grund sich wie Gott aufzuspielen, oder ?
Also, stellt Euch vor, Ihr habt ein Problem und wollt es bei Eurem Chef loswerden. Peter fang Du mal an!

Peter: Chef, wir haben da ein Problem: Der Filterstrangautomat verliert ständig Öl; und wir werden die Produktion wohl nicht schaffen.

Andreas Knutsen: Das klingt schon mal gut, hat jedoch gleich zwei Haken:
1. Chefs wollen keine Probleme hören, die wohlmöglich selbst lösen müssten,
2. Chefs erreichen es Kraft ihres Amtes den Spieß umzudrehen.

Und, Kollegen, in der betrieblichen Praxis haben wir schon folgende Reaktionen erlebt:
1. Der Chef reagiert nicht - der Produktionsausfall durch die Maschine ist minderer Qualität und kann auf finanzielle Schwierigkeiten Eures Betriebes, ja vielleicht des gesamten Konzerns hindeuten.
2. Ist er belustigt, ist die Firma, ja vielleicht der gesamte Konzern so gut wie verkauft.
3. Er braust emotional auf - jetzt müsst Ihr sehr tapfer sein und Euch repetierend - das heißt wiederkehrend - hervorgebrachte Schlagworte wie 'Sie!', 'Stümper', 'verantwortlich', 'Schuld' von ihm, ja vielleicht von ganzen Konzern an den Kopf werfen lassen. Nach 10 min. rennt er wutschnaubend aus dem Büro mit den Worten: 'Alles muss ich in dem Laden selbst machen.
4. Der Boss lehnt sich schweratmend zurück und erwidert: ' Gut, dann sorgen Sie mir dafür, dass die Strangmaschine wieder läuft. (Merke : Gehe nie zu Deinem Fürsten, wenn Du nicht gerufen wirst.)

Was wären sichere Abwehrtaktiken ? Ja, Horst ?

1. Tag Produktionsausfall

Herbert: Herbert, bitte! Nun, ich sage, ich hätte keine Zeit.
Peter: Genau, sonst bleibt etwas anderes liegen.
Marcus: Ich habe MFMA noch nicht absolviert.


Andreas Knutsen: Bitte ?

Marcus: Maintenance Filter Machine Advanced.

Andreas Knutsen: Aja! Was meinst Du, Herbert ?

Horst: Ich bin Horst! - Ja, bis wann soll es denn fertig sein ?

Andreas Knutsen: Das lässt sich schon hören. Horst, ich bemerke, Du bringst Deine Managementkurse ein und stellst selbst Gegenfragen. Allerdings birgt die Frage nach dem Termin gewisse Risiken; und wir wollen zusammen überlegen, worin diese bestehen. Termine, insbesondere Tagestermine können als hochkritisch für den Arbeitnehmer eingeschätzt werden. Bietet Periode nur in der Reihenfolge Jahren, Quartalen, Monaten, Wochen, Tage, Stunden an. Verallgemeinert lässt sich feststellen: Jede Arbeitnehmerfrage, die Zeit, Ort und Inhalt spezifiziert, bringt Euch gravierende Nachteile, die Euch nicht zum Vorteil gereichen. In meinem Buch gehen ich darauf konkreter ein und vergesse in meiner Aufzählung von eben auch nicht das 'WER?'.
Ich gebe jetzt die Liste für das Mittagessen rum. Wer nicht mit der Gruppe essen gehen will, trägt bitte 'nicht Teamfähig' ein. Ha, ist doch witzig, irgendwie ?
Zurück zum Thema: Jetzt ist der Zeitpunkt erreicht, das Feld zu räumen. Jede Äußerung von Euch schraubt den Blutdruck des Chefs hoch und führt zu Diskussionen. Unser Arbeitnehmer geht nun in den Feierabend. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag; und wir schieben eine Kaffeepause ein.
Der Chef hat Langeweile und besucht die Werkstatt. Natürlich trifft er Dich, Herbert und fragt: So, wie weit sind die Arbeiten ?

2. Tag Produktionsausfall

Horst: Ich bin Horst! - Chef, also Sie meinen mit der Strang II ?

Andreas Knutsen: Ja, natürlich! Wie weit sind Sie damit ?

Marcus: Wir diskutieren alle Möglichkeiten durch.

Andreas Knutsen: Gute Alternative. Hektik vortäuschen und durch viele Beteiligte verzögern und behindern. Der Chef mangels Fachkompetenz ist beruhigt und geht. Euer Vorturner schwebt erneut in Eure Werkstatt und stellt gespannt die WANN Frage. Paul! Was erzählst Du ihm ?

3. Tag Produktionsausfall

Peter: www.wer-ist-paul.de ? Ich antworte: Für übermorgen besteht eine reelle Chance fertig zu werden. 

Andreas Knutsen: Peter! Und das ist das Problem: Übermorgen ist Sonnabend. Und Ihr wollt doch alle nicht am Wochenende arbeiten, oder ? Ja, Horst ?

Herbert: Herbert, bitte! Also, wir sind nächste Woche fertig!

1. Woche Produktionsausfall

Andreas Knutsen: Sehr Schön! Der Chef kommt demnach Montag vorbei und erkundigt sich bei ... Peter ?

Peter: Über das Wochenende konnten wir nicht arbeiten. War nicht beim Betriebsrat angemeldet.

Andreas Knutsen: Der Chef wird ungeduldig. Und Du Horst erwiderst ihm ?

Horst: Herbert oder Horst oder ich jetzt ?

Andreas Knutsen: Äh - egal!

Herbert: Ich sagte ja, es braucht eine Woche - nicht nächste Woche.

Andreas Knutsen: Hier kristallisieren die Feinheiten der deutschen Sprache in einem banalen Satz. Eine Woche bedeutet: Ende kommender Woche. Folglich kann die Reparatur erst am Montag der übernächsten Woche vollendet werden. Der Boss kam zweimal letzte Woche abends gegen zehn in die Fertigung, um heimlich den Stand der Dinge zu erfahren. Was glaubt Ihr, war er zufrieden ?

Marcus: Sicher doch: Wir haben die Verblendung entfernt und ein Schild "Vorsicht! Schnell wechselnde elektromagnetische Felder!" aufgehangen.

Andreas Knutsen: Der Chef harrt in der Werkhalle, denn Eure verdiente Frühstückspause im Anschluss an den Arbeitsantritt ist noch nicht beendet.
Er erwartet konkrete Erfolge bei der Reparatur. Kommt ihm zuvor und erzählt ihm, was Ihr alle probiert habt, welche Schwierigkeiten Euch beherzt in den Weg stellten;
und wenn Ihr die Schlipsträger von der Teppichabteilung nicht mögt, spielt Ihr den Trumpf mit den nicht georderten Ersatzteilen aus.
Ihr denkt, dass ist unkollegial. Ok, wie die Werbegeschenke ? Gut, ich fühle Einvernehmen.
Bevor wir in die Mittagspause ausschwärmen, fasse ich zusammen: Der Chef hat bisher weder Dauer noch Endtermin dafür mehrere Verantwortliche.

Ich hoffe, es hat Euch gemundet, auch wenn sich keiner mehr erinnern konnte, was er bestellt hatte.
Schwenken wir wieder zum Thema: Der Einkauf hat mittlerweile die dringend benötigten Ersatzteile bestellt. Auf Drängen des Chefs nicht bei dem billigsten Anbieter in Asien,
sondern bei einer gut bekannten Firma eines guten Bekannten. Wir denken uns unseren Teil und halten dem Boss zu gute, dass die Lieferzeit von 10 Tagen halbiert wird.
Könnt Ihr in der Zwischenzeit etwas tun ?

Marcus: Was ist mit meinem Urlaub ?

Andreas Knutsen: Exzellent, Marcus! Das könntest Du noch glatter formulieren, zeigt aber die azyklische Planung. Ihr seid jetzt nicht im Fokus und Euer Meister gewährt Euch zwei Wochen Urlaub, die unglücklicherweise in die Ankunftszeit des Ersatzteiles fällt. Weitere Verwirrung stiftet das Einbeziehen von Brücken-, Gleit, Hausfrauentagen in die Urlaubsplanung. Unangesagte Krankheitstage machen sich am Montag vorteilhaft. 

3. Woche Produktionsausfall

Peter: Ich würde in der Zwischenzeit bei dem Lieferanten anrufen und ihn bitten, das Teil als Eil- und Wertpaket zu senden.

Andreas Knutsen: Das ist raffiniert. Erkennt Ihr was Paul vorhat ?

Herbert: Das ist doch Quatsch! Dadurch verspielen wir die Chance, dass es länger dauert bzw. das Paket abhanden kommt.

Andreas Knutsen: Ja, Horst. Das möchte man meinen. Aber wie ich in meinem Buch 'Kalle hatte doch recht mit der Ausbeute', gehen vergleichsweise mehr Sendungen in der Hauspost verloren oder verweilen beim Stoffeingang, bis jemand bereit ist, die Ware zu quittieren. Irgendwann erreicht das Teil seinen Empfänger und der Chef steht jeden Tag auf der Matte.

4. Woche Produktionsausfall

www.Halbwissen.net Last Version from 06.01.2009